Der liebe Herr Budschi

Es sind kalte Tage und noch kältere Nächte im Westen Hamburgs. Aber machen wir uns nichts vor: Zwischen Ende Oktober und Ende Mai verzieht man sich hier gerne ab Beginn der »Tagesschau« in die eigenen Gefilde. Spätestens wenn das Thermometer dann unter die  10-Grad-Marke rutscht, also fast immer, gleichen die Bürgersteige denen in einem Randbezirk von Apolda doch sehr. Abgesehen von ein paar unerschütterlichen Hundebesitzern, angetüterten eScooter-Lenkenden oder aus der großen Welt Heimkehrenden trifft man nach Sonnenuntergang niemanden mehr. Meiner persönlichen Statistik nach beträgt die Zahl der Fremdgesichter auf einem 45-minütigen »Spaziergang um den Block« nach 21 Uhr: 2,2.
Rutscht man jedoch von der Otto-Ernst- durch die Grotten- rechts runter in die Parkstraße, vernimmt man schon in der Kurve ein leises Murmeln. Als würden sich Zwerge verschwören oder die Äste der Bäume in leichtem Wind miteinander zarte Balgereien austragen. Man kommt näher, und dann sieht man es. Ein Bild des Freidens und eines, das an alles erinnert, worauf Deutschland früher einmal stolz war: Alles chläft, einer malocht. Denn Budschi hält die Stellung. Thront über dem Gegurgel der Abwasserrohre oder was immer da unten vor zig Monaten freigelegt wurde. Budschi – Herr Budschi? Frau Budschi? Liebherr Budschi! – wartet, bis es in den Morgendstunden wieder weitergeht oder wenn schon nicht das, dann dass da zumindest wieder wer im leuchtenden Westchen steht und  so tut, als würde sich im grauen Westen der Stadt bald etwas tun. Und bis dahin und wahrscheinlich noch lange bleibt es das, was es ist – ein unterpflasteriges Seeland. Budschi passt auf, Budschi ist der Nachtwächter für die Baustelle der Location. Danke, Budschi.